Wer schon einmal durch den Truppenübungsplatz Senne gefahren ist, stimmt zu, dass sich diese Landschaft von anderen unterscheidet. Es scheint, als wäre die Zeit stehen geblieben. Der Zeitreisende sieht weite, scheinbar ungenutzte Heideflächen, alte Bäume, Kopfsteinpflasteralleen und erfährt (außerhalb der Übungszeiten) eine selten erlebte Stille.
Jenseits des Truppenübungsplatzes haben die modernen Errungenschaften unserer Zivilisation nur wenig Vielfältigkeit in der Landschaft zurückgelassen. Innerhalb der Grenzen des Übungsgeländes konnte sich dagegen ein Mosaik aus verschiedenen Lebensräumen für zahlreiche Pflanzen und Tiere so erhalten, wie es Jahrhunderte lang in Westfalen verbreitet war.
Einst wurde die Senne aufgrund ihrer für die Landwirtschaft bescheidenen Voraussetzungen als geeignete Fläche für ein großes militärisches Übungsgelände bestimmt, heute sind es eben diese bescheidenen Umstände, die sie zu einem Refugium für viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten machen.
Selbstverständlich hat ihre Sperrung durch das Militär dazu beigetragen, dass diese Landschaft vor anderen Nutzungen bewahrt wurde. Weder Besiedlung noch moderne Landwirtschaft oder zerschneidender Straßenbau beeinträchtigen das Areal des Übungsplatzes.
Es ist die große Anzahl verschiedener Biotoptypen (= Lebensraumtypen), die die Senne zur Heimat vieler seltener und zum Teil vom Aussterben bedrohter Pflanzen und Tiere macht.
Nachfolgend werden die wichtigsten Biotoptypen der Senne genannt und veranschaulicht, welche Pflanzen und Tiere sich in ihnen wohl fühlen.
Die etwa 2500 ha einnehmenden Heideflächen sind dem Senne-Besucher wohl als erstes vor Augen. Hier wächst aber nicht nur das Heidekraut selbst, sondern auch weniger auffällige Pflanzen wie das Kleine Habichtskraut, die Drahtschmiele, das Silbergras oder der Sandthymian.
Mit Arnika (Berg-Wohlverleih) und der Küchenschelle befinden sich auch zwei seltene und landesweit extrem vom Aussterben bedrohte Arten unter ihnen.
Auf den feuchteren Standorten der Heide können die Glockenheide, die Rosmarinheide, Wollgras, der Gagelstrauch und der Sonnentau gefunden werden.
Mit etwas Glück und einem Fernglas ausgerüstet, können in den Heiden der Senne Vögel beobachtet werden, die auf solche Freiflächen angewiesen sind und außerhalb von größeren Schutzgebieten nur noch selten vorkommen. Genannt seien die Heidelerche, der Ziegenmelker, das Schwarzkehlchen und der Raubwürger. Sie erfreuen sich an dem großen Nahrungsangebot aus zahllosen Insekten, Schmetterlingen, Spinnen und Libellen.
Die Heideflächen in der Senne müssen zum Erhalt regelmäßig gemäht, abgebrannt oder durch Schafe (Heidschnucken) beweidet werden. Würde die Heide längere Zeit sich selbst überlassen, würde sie bald überaltern, absterben und von anderen Pflanzen verdrängt und später zu Wald werden.
Neben der Heide existiert mit dem Sandmagerrasen (2300 ha) noch ein weiterer Biotopkomplex, der dem Offenland zugeschrieben wird. Auch er muss ähnlich wie bei den Heideflächen gepflegt werden, um ihn vor Verbuschung und Wiederbewaldung zu schützen. Es handelt sich hierbei meist um ehemalige landwirtschaftliche Flächen, die seit nunmehr einem halben Jahrhundert nur noch sehr extensiv genutzt werden (Beweidung durch Schafe oder Mahd).
Auch Sandmagerrasen stellt aufgrund erhöhter Temperaturen im Sommer und seiner Trockenheit einen Extremstandort dar, der viele selten gewordene Tierarten beheimatet.
Den größten flächenmäßigen Anteil in der Senne nimmt der Wald ein. Mit der Waldkiefer – einer in der Senne heimischen Baumart – wurden im 19. und 20. Jahrhundert großflächig Dünen und Sandflächen aufgeforstet. Dies führte dazu, dass die Kiefer heute der Charakterbaum der Senne ist. Andere hier wachsende Baumarten sind Birke, Eberesche, Fichte, Eiche und am Fuße des Teutoburger Waldes sowie in einigen Bachtälern die Buche.
Aufgrund der forstlichen Nutzung der Wälder stehen zwar bisher wirtschaftliche Belange im Vordergrund, doch auch die Forstämter sind sich ihrer Verantwortung bewusst und streben eine nachhaltige Waldwirtschaft mit vorwiegend einheimischen, unterschiedlich alten und verschieden hohen Bäumen an.
Daneben gibt es aber auch Bereiche, in denen der Mensch kaum eingreift und in denen seltene Vogelarten wie der Schwarzstorch, der Wiedehopf, die Waldohreule, der Uhu oder der Schwarzspecht brüten.
Den Schutz der Wälder nutzen auch Damwild, Rotwild, Rehe, Wildschweine, Füchse und Waschbären. In alten, hohlen und manchmal auch schon abgestorbenen Bäumen finden tagsüber verschiedene Fledermausarten Unterschlupf.
Als Lebensadern der Senne können die Bachtäler bezeichnet werden, die sich auf einer Länge von rund 55 km nahezu unberührt durch den Sennesand schlängeln. In den Bachtälern haben sich ursprüngliche Bruchwälder und bachbegleitende Auwälder entwickeln können.
Hier ist das Revier von Eisvögeln und Wasseramseln. In den sauerstoffreichen und von Verunreinigungen nahezu völlig unbelasteten Bächen leben u.a. Bachforelle, Groppe und das seltene Bachneunauge.
An vielen Stellen des Truppenübungsplatzes können zudem stumme Zeugen der ehemals kultivierten und besiedelten Senne entdeckt werden: alte, ehemalige Hofbäume (Linden, Eichen, Kastanien), Hecken, Obstbäume, Alleen, Teiche und Weiher.
Weitere Gründe, für die es sich zu Schützen lohnt
– Aufgrund der hervorragenden Filterfunktion des Senne-Sandes stellt die Senne ein bedeutendes Trinkwasserreservoir für die ganze Region dar
– Zahlreiche Zugvögel halten Jahr für Jahr ihr Versprechen der Wiederkehr. Die Senne besitzt eine überregionale Bedeutung als Rastplatz für Zugvögel. Viele Greifvogelarten (u. a. Seeadler, Fischadler), Eulen (unter ihnen die Sumpfohreule) und Kraniche machen alljährlich Rast auf dem Truppenübungsplatz
– Seit 1980 hat der Flächenverbrauch in Europa um 20 % zugenommen. Um weiterer Vernichtung, Zerschneidung und Verlärmung der Landschaft vorzubeugen müssen besonders die wenigen verbliebenen und großräumig unzerschnittenen geschützt werden
– Jede 5. in der Senne vorkommende Art steht auf der „Roten Liste der gefährdeten Pflanzen- oder Tierarten Nordrhein-Westfalens“!
…und noch 5287 in der Senne lebende Gründe: