Die Nachricht vom Tode Dietmar Stratenwerths haben wir mit großer Trauer aufgenommen. Er verstarb ganz kurz vor seinem 89. Geburtstag, den er am 14. Juni hätte begehen können. Wir verlieren mit Dietmar Stratenwerth eine Institution des Naturschutzes in Ostwestfalen-Lippe. Sein Wirken reichte weit über die Grenzen OWLs hinaus. Er war ein Glücksfall für den Naturschutz in unserer Region.
Dietmar Stratenwerth war Mitbegründer des Fördervereins Nationalpark Senne-Eggegebirge und hat den Verein auf eine breite fachliche und politische Basis gestellt. Die Geschicke des Vereins leitete Dietmar Stratenwerth von 1998 bis 2008 als Vorsitzender sehr erfolgreich. Er brachte in dem Verein Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Politik und des ehrenamtlichen Naturschutzes für das gemeinsame Ziel eines Nationalparks Senne zusammen. Das Wirken des Vereins unter seinem Vorsitz trug wesentlich dazu bei, dass der Nationalpark Senne in der Bevölkerung der Region breite Unterstützung findet; eine repräsentative Meinungsumfrage des EMNID-Instituts ergab 2012 eine Zustimmung von 76 % der Befragten. Als Unternehmer mit einem hochangesehenen Steuerberatungsbüro in Bielefeld kannte er sowohl die Seite der Wirtschaft in allen Facetten als auch die Erfordernisse des Umwelt- und Naturschutzes, die er überzeugend für alle Seiten vertrat. Er genoss hohen Respekt und überzeugte parteiübergreifend.
Dietmar Stratenwerth war – auch mit eigenem hohen finanziellen Einsatz – Jahrzehnte für den ehrenamtlichen Naturschutz tätig und engagierte sich auch in der Denkmalpflege und im Städtebau. So verdanken wir alle auch seiner Mitwirkung den Erhalt der „Ravensberger Spinnerei“ in Bielefeld, die einem Autobahnkreuz weichen sollte. Seit der konstituierenden Sitzung des ersten Beirates bei der Bezirksregierung Detmold als höherer Landschaftsbehörde im Jahre 1976 war er als Mitglied, stellvertretender Vorsitzender und Vorsitzender in diesem wichtigen Gremium auf regionaler Ebene als hervorragender unabhängiger Vertreter und Impulsgeber für den Naturschutz tätig. Der Beirat konnte wichtigen Einfluss in vielen Entscheidungsprozessen nehmen.
Dies war dem großen Geschick und dem hohen Integrationsvermögen von Dietmar Stratenwerth zu verdanken. Er überzeugte mit Standfestigkeit und fand mit geschliffenen Formulierungen Gehör als ein „Mann der Wirtschaft“ sowohl in der Wirtschaft als auch in der Verwaltung.
Als durch die Novelle des Landschaftsgesetzes NRW im Jahre 2007 der Beirat nach 31 Jahren weggefallen ist, wurde Dank des geschickten Einsatzes von Herrn Stratenwerth gemeinsam mit der Bezirksregierung die „Bezirkskonferenz Naturschutz OWL“ zur Bündelung der Naturschutzkräfte in der Region aus der Taufe gehoben. Eine Institution, die auf Augenhöhe mit dem Regionalrat und vielen anderen Institutionen die Belange des Umwelt- und Naturschutzes in der Region verankern kann. Diese landesweit einmalige Einrichtung ist der Weitsicht und dem strategischen Denken von Dietmar Stratenwerth zu verdanken.
Allzu gut wusste er auch, dass der ehrenamtliche Naturschutz nicht ohne finanzielle Mittel unabhängige Arbeit leisten kann. So wurde auf Stratenwerths Initiative und dank geschickter Verhandlungen Anfang der 1980er Jahre die „Stiftung für die Natur Ravensberg“ gegründet. Diese Innovation ermöglichte u.a. Gutachten und Öffentlichkeitsarbeit für viele Naturschutzprojekte ohne fremde Einflussnahme. Diesem Umstand ist im Jahre 2000 auch die Schaffung des Senne-Informations-und Dokumentationszentrum im Prinzenpalais in Bad Lippspringe zu verdanken. Dabei handelte es sich um das einzige Naturschutz-Expo-Projekt, das nun heute intensiv durch den Nabu Kreisverband Paderborn in Kooperation auch mit dem Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge mit einer Ausstellung über die Sennelandschaft betreut wird.
Um ein Leuchtturmprojekt zwischen Wirtschaft und Naturschutz in Bielefeld zu setzen, konnte Dietmar Stratenweth gemeinsam mit dem Unternehmer Meyer-Stork die „Stiftung Rieselfelder Windel“ begründen, die treuhänderisch durch die Stiftung für die Natur Ravensberg (Bünde), ersatzweise durch die Umweltstiftung der ostwestfälischen Wirtschaft (Bielefeld) verwaltet wird. Damit wurde ein Naturreservat von hoher Bedeutung für bedrohte Tier- und Pflanzenarten und als Vogelrast-, Überwinterungs- und Brutgebiet geschaffen – ein Naturschutzgebiet, auf das die Stadt Bielefeld stolz sein kann.
Für sein unermüdliches Engagement in der ehrenamtlichen Naturschutzarbeit erhielt Dietmar Stratenwerth verschiedene Auszeichnungen, u. a. den Umweltpreis der Stadt Bielefeld 1996 und das Bundesverdienstkreuz erster Klasse 2003. Die nachhaltig angelegten Projekte werden das Wirken von Dietmar Stratenwerth noch weit in die Zukunft tragen und wir behalten ihn mit einem sehr dankbaren Andenken im Herzen.
Erdmute von Voithenberg, Detmold, den 15.6.2017