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Der Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz in OWL, Karsten Otte, begrüßt in einem Brief an den neuen Umweltminister in NRW, Oliver Krischer, die Absicht der Landesregierung, einen 2. Nationalpark in NRW einzurichten. Seit über 30 Jahren bestehe in der Region Ostwestfalen-Lippe der Wunsch nach einem Nationalpark. Sowohl die Senne als Hotspot der Artenvielfalt in NRW als auch die Wälder des Eggegebirges verdienen die höchstmögliche Schutzkategorie. Aufgrund der neuen militärischen Bedrohungen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine steht der Truppenübungspatz Senne aktuell nicht zur Verfügung. Deshalb sollten zunächst die Staatswälder in der Egge als Start-Nationalpark von der Landesregierung in den Blick genommen werden.

Sehr geehrter Herr Minister Krischer,

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Ernennung zum Umwelt- und Verkehrsminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Wir freuen uns, mit Ihnen eine Person in diesem Amt zu wissen, dem die akuten Problemstellungen im Bereich des Naturschutzes nicht fremd sind. Zudem haben wir Sie als einen der „Gründerväter“ des Nationalparks Eifel kennengelernt – Fähigkeiten und Erfahrungen, die Sie möglicherweise in nächster Zeit erneut zur Anwendung bringen können.

Wie Ihnen bekannt ist, besteht in Ostwestfalen-Lippe seit über 30 Jahren der Wunsch nach einem Nationalpark, um die große Artenvielfalt in unserer immer stärker genutzten Landschaft dauerhaft und großflächig zu erhalten. Dazu hat sich bereits in den 1990er Jahren der „Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge e.V.“ gegründet in einer historischen Entspannungszeit, in der auch der Truppenübungsplatz Senne nach Abzugsankündigungen der Britischen Truppen zur Konversion anstand. Diesen Plänen hat sicherlich das russische Hegemonialstreben in Osteuropa ein vorläufiges Ende bereitet, gleichwohl wissen wir nicht, welche Prioritäten und Strukturen in einer Militärdoktrin nach Beendigung des unseeligen Ukrainekrieges in Mitteleuropa herrschen werden und welche Optionen sich in Sachen „Senne“ mittelfristig öffnen werden. Auf jeden Fall ist die Senne der unbestrittene Arten-Hotspot in NRW und muss unter allen Umständen in der höchstmögliche Schutzkategorie gesichert werden. Auch bereits jetzt ließe sich – bei gutem Willen des Eigentümerin BIMA – durch eine nationalparkkonforme Bewirtschaftung der Bundesforsten auf dem TÜP eine Menge „mehr Natur“ erreichen.

Im unmittelbaren Verbund mit der Senne standen von Anfang an die zumeist landeseigenen Wälder des Eggegebirges im Fokus einer Nationalparkplanung. Deren Eignung hat dasLANUV in Studien 2005 und 2011 bestätigt. Mit zwei großen und zusammenhängenden NSG „Egge-Nord“ mit 2600 ha und „Eggekamm“ mit 1986 ha gibt es dort bereits einen 4586 ha großen Nukleus für einen Nationalpark. Die hochwertigen Kalkbuchenwälder des NSG „Egge Nord“ sind zum großen Teil bereits seit Jahren Wildnisgebiet und damit einer freien Entwicklung überlassen. Beide NSG sind unmittelbar verbunden mit weiteren großenStaatswaldflächen, die von Horn-Bad Meinberg bis an die Diemel bei Hardehausen reichen.

Erhebliche Teile dieser Flächen waren mit Fichten bepflanzt, die der klimawandel-induzierten Borkenkäfer-Kalamität zum Opfer fielen. Jetzt herrscht dort auf großen Flächen ein „Status nascendi“, aus dem sich in den nächsten Jahrhunderten unter ständig wachsender CO2-Bindung ein Naturwald entwickeln wird, lässt man Harvester & Kettensäge außen vor.

Mit Freude haben wir aus dem neuen Düsseldorfer Koalitionsvertrag erfahren, dass die jetzige Landesregierung einen 2. Nationalpark gründen will. Wir sehen dafür große Chancen in den Staatswäldern des Eggegebirges, sofern es eine unmissverständliche Positionierung der Landesregierung für einen „Klima-Nationalpark Egge“ als Entwicklungsnationalpark geben wird. Dazu braucht es u.a. das volle „Commitment“ der Landesregierung – einen Nationalpark zu gründen ist Landessache! In keinem Fall jedoch Ergebnis einer „regionalen Initiative“, wie ihr Vor-Vorgänger die Kampagne 2012 für einen Nationalpark im Teutoburger Wald einstufte und ihr damit den Boden unter den Füßen entzogen hat. Im Unterschied zu o.g. Kampagne ist bei den jetzt bestehenden Vorschlägen die Frage der Eigentumsverhältnisse geklärt: es handelt sich ausschließlich um öffentliche Flächen des Landes NRW.

Was uns nicht klar ist: was ist mit dem im Koalitionsvertrag einer Nationalparkgründung vorgeschalteten „Beteiligungsverfahren“ gemeint? Wird so ein Verfahren in Zukunft auch bei Straßenbau- oder Bauleitplanungen in NRW einem fachlich begründeten Planverfahren vorweggeschaltet? Was würde das Land NRW hindern, bei belegter fachlicher Eignung an anderer Stelle noch weitere Nationalparks auszuweisen? Nirgends im Land sind die Untersuchungen und die Diskussionen um einen Nationalpark so weit fortgeschritten, wie im Raum Senne und Egge. In mehreren Bürger-Umfragen wurden Zustimmungswerte – auch im Umfeld der geplanten Flächen – von über 70 – 85% erzielt. Fragt man Gegner des Nationalparks, die sich weitgehend aus der Holz- und Sägeindustrie, sowie der CDU und FDP rekrutieren, nach ihren Argumenten, kommen meist nur schwache und leicht widerlegbare Behauptungen. Bis hin zu dem subjektiv geprägten Gefühl, die Düsseldorfer Landesregierung würde im Raum OWL all das „abladen, was man dort nicht haben wolle“ – wie kürzlich von einem Repräsentanten der OWL-CDU vernommen. Es ist fraglich, ob man mit allen gesellschaftlichen Gruppen wird einen Konsens erzielen können – auch wenn dies nach wie vor unser Ziel ist.

Als regionale Naturschutzplattform in OWL möchten wir als „Bezirkskonferenz Naturschutz“ gern mit Ihnen in den Dialog treten, um für und in unserer Region dieses richtungsweisende Projekt „Klima-Nationalpark Egge“ in Gang zu bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Karsten Otte

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